NSG Selmsdorfer Traveufer

Im Gebiet der ehemaligen innerdeutschen Grenze ist die Trave zwischen dem Selmsdorfer Ufer und dem gegenüberliegenden holsteinischen Dummersdorfer Ufer fjordartig eingesenkt. Auf dem überwiegend sandig-kiesigen, bis zu 15 m hohen Steilufer (Kliff) bilden Trockenrasen, Pioniergebüsche, Vorwaldstadien und artenreicher Mischwald ein Mosaik unterschiedlichster Lebensräume.

Das Gebiet liegt zwischen der Bundesstraße 105 im Süden und der Spitze der Teschower Halbinsel im Norden und wird südöstlich durch den ehemaligen Kolonnenweg, im Nordwesten durch die Landesgrenze zu Schleswig-Holstein entlang der Untertrave begrenzt. Die höchste Kuppe liegt bei etwa 21 m NN. Das Schutzgebiet gehört zur Landschaftseinheit „Westmecklenburgisches Hügelland mit Stepenitz und Radegast“ (401).

Das Selmsdorfer Traveufer befindet sich im Sander der Pommerschen Haupteisrandlage der letzten Kaltzeit, die nördlich von Teschow verläuft. Im Sander enthalten sind miozäne Muschelschalenreste und Scherbelsteine des Eozäns. Die zahlreichen Hohlformen der teilweise vermoorten Senken und Kleingewässer sind auf eingeschlossene und übersandete Toteisblöcke zurückzuführen. Der Hauptbestandteil des Schutzgebietes ist ein weitgehend inaktives, überwiegend sandig-kiesiges Steilufer (Kliff) der Untertrave. Zwischen dem Selmsdorfer Ufer und dem gegenüberliegenden, holsteinischen Dummersdorfer Ufer ist die Trave fjordartig eingesenkt. Am Fuß des Steilufers treten lokal Sickerquellen aus. Nutzungsgeschichte: Nach der WIEBEKINGSCHEN KARTE von 1786 waren am Ende des 18. Jahrhunderts die gesamte Teschower Halbinsel und das Schutzgebiet unbewaldet. Auf den Flächen wurde Ackerbau betrieben. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Beweidung des Steilufers eingestellt. Die Niederwaldnutzung in Teilbereichen des Steilufers, die anhand der Wuchsformen heute noch erkennbar ist, wurde ebenfalls aufgegeben. Bis 1990 lag das Selmsdorfer Traveufer im so genannten Schutzstreifen an der innerdeutschen Grenze. Die durch die Grenztruppen der DDR immer wieder zurückgeschnittenen Vorwälder oberhalb des Steilufers werden heute nicht bzw. in Teilbereichen zurückhaltend forstlich bewirtschaftet.

An der Trave befinden sich Spülsäume und Strandwälle mit Salzmiere und Strandroggen, die landeinwärts stellenweise in Rohrschwingelrasen mit Hohem Steinklee, Ross-Minze und Rötlichem Fingerkraut übergehen [65]. Salzgraslandreste beherbergen Erdbeer-Klee und Strand- Dreizack, an einer Stelle tritt sogar die seltene Baltische Binse auf. Nur im Bereich von Süßwasser- Quellaustritten wächst ein Schilf-Landröhricht, meist vergesellschaftet mit der Echten Engelwurz und der Sumpf-Gänsedistel. Selten ist hier auch das Quellgras zu finden. Die Steilhänge werden von Licht und Wärme liebenden Arten wie Wundklee, Gemeinem Kreuzblümchen, Nickendem Leimkraut und dem Sprossendem Nelkenköpfchen besiedelt. Offene sandigtrockene Standorte finden sich heute noch als Relikte mit gefährdeten Arten wie Trifthafer, Tauben-Skabiose und Wiesen-Küchenschelle. Weidenarten und andere Sträucher haben vielerorts die Magerrasen verdrängt. Sanddorn und Schlehe bildeten dichte Gebüsche. In deren Schutz entwickelten sich Espenvorwälder, die vielfach von Wildrosen durchsetzt und von Birken, Kiefern und Eichen überwölbt wurden. Heute beherbergen diese Randbereiche der landseitig an das Schutzgebiet angrenzenden Forstflächen „Hohe Meile“ eine reiche Schmetterlingsfauna mit Arten wie Schillerfalter, Eisvogel und Trauermantel. Auf den Magerrasen kommen u. a. der Zwerg-Bläuling und das Gemeine Blutströpfchen vor. Die Dornengebüsche beherbergen als Brutvögel insbesondere Grasmückenarten sowie den Neuntöter. Am Traveufer brüten gelegentlich Brandgans, Gänse- und Mittelsäger.

Der Zustand des Gebietes ist gut. In dem jahrzehntelang weitgehend ungestörten Landschaftsteil findet auch weiterhin keine wirtschaftliche Nutzung statt. Die durch Gehölze zuwachsenden Trockenhänge wurden durch den Landschaftspflegeverein Dummersdorfer Ufer e.V. in den letzten Jahren wieder freigeschnitten. Belastungen gehen von dem in manchen Jahren ausufernden Boots-Camping-Tourismus aus [396]. Ziel ist es, die dynamischen Bewaldungs- und Abrutschungsprozesse im Bereich des Steilufers zu sichern und nur aus Artenschutzgründen lokale Auslichtungen zur Förderung der Magerrasenarten durchzuführen.

Das Naturschutzgebiet „Selmsdorfer Traveufer“ kann in Teilbereichen erwandert werden. Die interessanteste Route geht von dem kleinen Rundlingsdorf Teschow aus. Westlich der Ortslage führt ein Feldweg zum Trave-Hochufer. Zwischen Ginstergebüschen ergibt sich hier ein herrlicher Rundblick über die buchtenreiche Untertrave. Gegenüber liegt das schleswig-holsteinische Naturschutzgebiet „Dummersdorfer Ufer“ mit dem in die Trave vorspringenden Hirtenberg.

 

 

 

Quelle: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.): „Die Naturschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern“, Schwerin, Demmler Verlag 2003, 720 S. – ISBN 978-3-910150-52-2. Mit freundlicher Genehmigung (c) Demmler Verlag

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