NSG Rühlower Os

Als echtes Kleinod hebt sich dieses Glazialrelikt aus der umgebenden Ackerlandschaft hervor. Auf den während der letzten Eiszeit dammähnlich abgelagerten Sanden haben sich neben Gehölzen auch zahlreiche Trockenrasenarten angesiedelt, die dank regelmäßiger Pflege und durch Schafbeweidung bis heute erhalten blieben. Teile des Oses wurden durch Sandentnahme abgebaut.

 

Der Oszug liegt ca. 10 km östlich von Neubrandenburg und 1,5 km westlich der Ortschaft Rühlow an der Straße Warlin – Rühlow in einer Höhe von 47 – 64 m NN. Er wird von der Bahnstrecke Neubrandenburg-Pasewalk geschnitten. Das Schutzgebiet gehört zur Landschaftseinheit „Kuppiges Tollense-Gebiet mit Werder“.

Der ca. 1 km lange Rühlower Os weist bei einer Breite an der Basis zwischen 100 m und 250 m eine relative Höhe zur Umgebung von ca. 15 – 20 m auf. Eine morphologische Besonderheit ist das Osauge im Nordteil des Gebietes, das mit seiner Form an ein Amphitheater erinnert. Diese Osgrube ist vermutlich auf das Ausschmelzen eines in die Gletscherspalte gestürzten größeren Toteisblockes zurückzuführen. Die Hohlform führt sporadisch Wasser. In einer ehemaligen Sandgrube im Nordteil des Gebietes ist erkennbar, dass hier ein 15 m mächtiger, glazigen ungestörter Kiessand von 2 – 5 m mächtigem, ungestörtem Geschiebemergel durchgehend bedeckt wird. Diese Geschiebemergelauflage lässt auf einen im Gletschereis des Pommerschen Vorstoßes angelegten subglaziären Oszug schließen. Seitlich wird der Oszug durch lückenhaft verbreitete Osgräben begleitet, die versumpfte Niederungen darstellen.

Seit alters her wurde der Oszug mit Schafen beweidet. Dabei wurde auch die in Mecklenburg-Vorpommern nicht heimische Aufrechte Trespe in das Gebiet eingebracht. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Beweidung eingestellt und Teile der heutigen Schutzgebietsfläche aufgeforstet. Bis in die 1970er Jahre wurde im mittleren Teil des Schutzgebietes eine Sandgrube ausgebeutet. 1867 wurde der Oszug durch die Friedrich-Franz-Eisenbahn gequert. Eine Teilfläche, die „Osgrube von Rühlow“ (7 ha), wurde bereits 1971 unter Naturschutz gestellt.

An den Ost- und Südhängen tritt großflächig ein Trespenrasen mit Aufrechter Trespe, Saat-Esparsette, Wiesen-Salbei, Knack-Erdbeere, Kleinem Wiesenknopf, Pfirsichblättriger Glockenblume, Rauhaar-Veilchen und Silau auf. Große Teile des Gebietes werden heute aufgrund der Nutzungsauflassung von Hecken-Rose, Hunds-Rose, Weißdorn und Gemeiner Hasel besiedelt bzw. wurden mit Stiel-Eiche, Fichte, Kiefer und Lärche aufgeforstet. Der südlich der Bahnlinie und außerhalb des Schutzgebietes gelegene Teil des Oszuges beherbergt ebenfalls eine Vielzahl gefährdeter Pflanzenarten, zu denen Färber-Ginster, Aufrechter Ziest, Purgier-Lein, Gemeines Kreuzblümchen und Wald-Klee gehören. In den gut ausgebildeten Osgräben treten Großseggen auf. Auf der Fläche des ehemaligen Kiesabbaus kommen sowohl Arten trockener Standorte als auch Arten feuchter Sandflächen vor. Im wassergefüllten Restloch der Kiesgrube sind Gemeine Wasserpest, Schwimmendes und Krauses Laichkraut sowie Armleuchteralgenarten zu finden. In der Kiesgrube befindet sich auch ein großer Erdkrötenlaichplatz. Zahlreiche weitere Amphibienarten nutzen das Schutzgebiet als Lebensraum, wie z. B. Teichmolch, Kammmolch, Rotbauchunke, Laub-, Moor-, Gras- und Teichfrosch, Knoblauchkröte, Kreuzkröte sowie Wechselkröte. Neben dem Eisvogel, der hier sein Brutgebiet hat, kommen im Schutzgebiet typische Brutvogelarten der Gebüsche und Heiden wie Neuntöter und Dorngrasmücke vor. Ebenso sind auch Baumpieper und Grauammer keine Seltenheit im Gebiet. Der Kranich nutzt sowohl Kiesgruben- als auch Osgräbenbereiche.

Der Zustand des Gebietes ist gut. Die früher prägenden Magerrasen sind derzeit nur noch in Resten vorhanden. Das Osauge sowie der südliche Osrücken wurden 1996/97 freigestellt und, nach manuellen Pflegearbeiten in den zurückliegenden Jahren, 1998 erstmalig wieder mit Schafen beweidet. Weitere, gegenwärtig noch mit Gehölzen bestandene Bereiche sollen zukünftig in die Beweidung einbezogen werden. In den letzten Jahren hat der verstärkte Fahrzeugverkehr auf der am Schutzgebiet vorbeiführenden Straße von Warlin nach Rühlow zu einer Dezimierung von Amphibien geführt, da diese auf ihrer Wanderung zu den Laichplätzen die Straße queren müssen. Zum Erhalt der Amphibien-Populationen ist der Bau von Leiteinrichtungen sowie Straßendurchlässen unerlässlich.

Im Schutzgebiet existieren keine öffentlichen Wege. Lediglich der Südteil des Oszuges (außerhalb des Schutzgebietes) wird oberhalb des Georgendorfer Sees von den Bewohnern der umliegenden Ortschaften gelegentlich als Wandergebiet genutzt. Die ehemalige Kiesgrube wird dagegen häufiger besucht.

 

 

Quelle: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.): „Die Naturschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern“, Schwerin, Demmler Verlag 2003, 720 S. – ISBN 978-3-910150-52-2. Mit freundlicher Genehmigung © Demmler Verlag

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